20 vor sieben – wie immer. Jürgen ist weg – wie immer. Ich hülle mich in ein Handtuch und marschiere zum Pool – wie immer. Hinein in das kühle Nass – wie imm… --- uahh, der Pool von schräg gegenüber schnurbselt und schnarcht immer noch – bitte nicht noch einen Tag lang diese Geräuschbelästigung!
Gestern Morgen fing es an, mit dem Anlaufen der Pool-Umwälzpumpe. Offensichtlich ist dort nicht mehr genügend Wasser im Pool, sodass beim Ansaugen immer wieder Luft gezogen wird – und das hört sich einfach nur schauderhaft an. Leider weilen dort drüben zurzeit keine Gäste (die hätten ja sicherlich Wasser nachgefüllt) und deshalb röchelt und blubbert das Ding den ganzen lieben langen Tag ganz unrhythmisch vor sich hin. Ich krieg ne Krise.
Also wieder den ganzen Tag mit Radiobeschallung auf der Terrasse, damit dieses Geräusch in den Hintergrund fällt. Nee, ne, ich möchte doch diesen letzten Tag noch richtig genießen…
Kaffee.
Heute stehen mehrere Termine auf dem Programm: zur Marianne die Leihbücher zurück bringen, zum Haus der Inhaber von Sky Dive die CD’s abholen, zum Sonnenuntergang mit Dagi nach Ft. Myers Beach.
Frühstückshunger habe ich noch nicht, aber Jürgen fällt vom Fleisch. Also kriegt er ein paar Bütterken kredenzt – wie zuhause, fertig geschmiert zum PC-Platz. Warum ich das nicht schon den ganzen Urlaub so gemacht hätte – Faulpelz.
Ich muss noch ein Buch zu Ende lesen und lege mich in die Sonne.
Ein Anruf von Stephan (dem Hausvermieter), der sich nach unserem Befinden erkundigt. Noch während wir plauschen sehe ich, dass drüben im Poolschnurbselhaus ein Wagen vorfährt und ein Mann mit Dienstleisteroutfit die Terrasse begeht. Sollte das Glück uns hold sein und dieser Mensch wird das Schnurbseln abstellen? Ein Stoßgebet zum Himmel und mit Argusaugen das Tun des Poolboys beobachtet. Er geht an die Hauswand – er nimmt etwas von der Wand – einen Schlauch – mein Herz springt vor Freude! Er geht mit dem Schlauch zum Poolbecken und legt ihn rein – er dreht den Hahn auf – es kann sich nur noch um Minuten handeln – und wirklich, eine Minute später verstummt der Schnarchton – selige Ruhe tritt ein…
Ich lege mich wieder in den Liegestuhl und schmökere weiter.
Nach geraumer Zeit beschließt der Herr zu baden (im Pool versteht sich), geht aber sehr schnell seiner Lieblingstätigkeit nach und hängt wie ein Knastbruder am Geländer: Aussicht auf den Kanal. Plötzlich wird er ganz hektisch: „Schnell, hol die Kamera, da schwimmt ein Manatee im Kanal!“
Das Buch zur Seite, die kleine Sony geschnappt (natürlich sind von der großen Cam und der Videokamera die Akkus in den Ladegeräten und die Speicherkarten am PC, was auch sonst!). Mit der Kamera runter zum Steg und da ist es, wenige Meter seitlich direkt vor unserem Grundstück. Ich drücke auf den Auslöser. Der große graue Rücken kommt ganz hoch, bis knapp unter die Wasseroberfläche und man sieht etliche Narben von Schiffsschrauben. Das Manatee ist echt riesig – und plötzlich taucht ein zweites auf, viel kleiner! Ein Baby! Ich bin entzückt und fotografiere wie doof…
Jürgen hat in der Zeit die dicke Kamera mit dem Teleobjektiv startklar gemacht und drückt sie mir in die Hand, dafür nimmt er jetzt die kleine. Das Manatee schwimmt weiter nach links und plötzlich sagt Jürgen )und er flüstert beinahe, als könnte er es mit der normalen Stimme verscheuchen): „Da ist noch eines, auch mit Baby!“.
Das zweite ist etwas kleiner und hat nur eine fast runde Narbe am Rücken, offenbar etwas jünger als die Kollegin. Und das Baby bei ihr ist auch deutlich kleiner. Ich bin völlig begeistert – fast auf Armlänge entfernt dümpeln alle vier vor unserem Steg, bzw. etwas mehr links vor der Kanaleinfassung am Garten. Sie zupfen ein bisschen am „Kanalgemüse“ rum und schmusen miteinander. Immer wieder Körperkontakt. Das leise Schnauben der Babys, die Mütter prusten deutlich lauter. Boah ist das schön! Was für ein Erlebnis am letzten Urlaubstag! Die Manatees bleiben richtig lange vor unserem Grundstück und ich fotografiere wie wild. Und dann schaue ich einfach nur zu, wie sich die Tiere umeinander kümmern und selig und gemächlich im Wasser dümpeln.
Nach ungefähr 20 Minuten schwimmen sie dann weiter nach links, ich beobachte sie noch ein bisschen, dann muss ich aber los zum Termin mit den Skydivers.
Das geht relativ schnell, schon nach 45 Minuten bin ich mit meiner CD Beute zurück. Auf einer CD sind Bilder (echt coole Bilder), auf der anderen noch mal der Film, aber in besserer Qualität.
Jürgen sieht ganz fertig aus…Er ist in der Mittagshitze die Straße weiter rauf marschiert und hat versucht noch mal näher an die Manatees heran zu kommen. Weil man von der Straße aus den Kanal nicht sieht musste er raten und sich dann quer in die Büsche schlagen. Über ein bebautes Grundstück wollte er nicht laufen, er hat sich durch die Wildnis gekämpft. Ist zum Kanal gelangt, allerdings an eine Böschung. Hat dort versucht runter zu klettern, ging auch, allerdings waren die Manatees dort nicht anzufinden. Er also wieder rauf, das allerdings gestaltete sich in den Flip Flops eher schwierig. Er habe sich „fast auf die Fresse gelegt“ klagt er mir sein Leid – und überhaupt wäre das eine sehr struppige und rutschige Angelegenheit gewesen. Selber schuld, was rennt er auch den braven Tieren hinterher statt sie in Ruhe zu lassen!
Ich versuche zum X-ten Mal mein Buch zu Ende zu lesen, schließlich muss ich es gleich abgeben. Ich lese „quer“ um wenigstens die Auflösung des Kriminalfalles zu erfahren, das klappt dann auch. Pünktlich wieder auf die Socken gemacht und Männe samt Manatees allein gelassen.
Mit Marianne habe ich mich dann doch etwas verquatscht, aber sie hatte noch einen Termin und so haben wir uns gezwungenermaßen herzlich verabschiedet. Nächstes Jahr sind sie genau zu unserer Reisezeit in Deutschland, aber wir werden uns sicherlich noch begegnen, denn Cape Coral als Reiseziel bleibt noch ne Weile unser Favorit.
Zuhause angekommen erzählt mir Jürgen zunächst, er hätte die Manatees nicht mehr gesehen, aber das ist geschwindelt wie ich schnell heraus bekomme (er macht es halt gern etwas spannend!). Und er konnte die Tiere ausgiebig filmen, direkt vor seiner Nase. Ich habe das Videomaterial auf dem Minidisplay angeschaut – nun freue ich mich auf zuhause und eine vernünftige Bildschirmgröße!
Um kurz nach halb sechs kam Dagi wie verabredet und plötzlich hatte Jürgen auch Lust auf einen Strandspaziergang mit Sonnenuntergang. Wir sind also zu dritt los (Jürgen ist freiwillig auf die Rückbank geklettert, macht er aber gewiss nie wieder) und zum Estero gefahren (Jürgen fand, es hätte sich hier überhaupt nichts verändert – ich gebe einfach mal klein bei). Von dort wie gehabt über das Gelände des Holiday Inn zum Strand. Heute war Flut, und das befreite mich von der lästigen Pflicht sämtliche Muscheln zu retten und ins Wasser zu befördern. Dafür konnte man nicht ohne nasse Füße den Strand hoch laufen, es gibt aber Schleichwege durch’s Gestrüpp (die kenne ich noch von 2008).
Es war eine schöner Abschluss dieses Tages, sehr freundschaftlich und idyllisch am Strand. Die Sonne versank wieder knallorange über Sanibel und dann haben wir auf dem Heimweg auf Dagis Wunsch hin noch einen Abstecher zu Mc Doof gemacht. Dort bei Kaffee, Cola und Cinnamon Melts (boah wie lecker!) einen netten Ausklang und dann ab auf die Bahn nach CC.
Morgen kommt Dagi und macht die Übernahme vom Haus mit uns. Bis dahin habe ich aber noch viel zu tun.
Fange ich auch gleich mit an. Aus allen Schränken und Schubladen den Krempel zusammen suchen, da hat sich ganz schön was angesammelt und verteilt in der langen Zeit. Schließlich sind zwei Koffer fast voll, der dritte hat Zeit bis morgen. Der Flieger geht erst um kurz vor 16:00 Uhr – wir können noch bis eins im Haus bleiben.
Noch ein paar Chips als Mitternachtssnack (die müssen weg) und eine Serienfolge auf dem I-pad. Die letzte Nacht in Florida bricht an...